Nach dem Angriff russischer Truppen auf ukrainisches Gebiet – und die damit verbundene humanitäre Katastrophe – war es uns ein ehrliches Anliegen, unser Netzwerk zu nutzen, um humanitäre Hilfe zu leisten. Auch Menschen aus Augsburg, die bereits die Aktion des Ulrich-Biesinger-Tribüne e.V. im Ahrtal unterstützten, traten an uns heran. Sie würden auch gerne spenden und uns supporten, sollten wir tätig werden.
Nach kurzen Absprachen mit der aktiven Fanszene des AEV war klar definiert, wie wir helfen würden. Auch der FC Augsburg war sofort für eine Zusammenarbeit bei dieser Hilfsmission zu haben und so rollte die Hilfe nach dem Flyeraufruf vom 05.03.2022 zügig an.
Im Fanprojekt Augsburg kamen dank der Hilfsbereitschaft vielzähliger Augsburger*innen und Freiwilligen aus der Fanszene innerhalb einer Woche genug Sachspenden zusammen, um einen 7,5-Tonner und zwei 8-Sitzer zu füllen. Parallel wuchs der Geldbetrag auf unserem Spendenkonto auf eine enorme Summe.
Bis zu unserer Abfahrt kamen gut 30.000,00 € Spendengelder zusammen und auch während unserer Arbeit im rumänisch/ukrainischen Grenzgebiet wurden noch weitere, knapp dreieinhalb tausend Euro gespendet.
Der 12.03., Samstag, verkam dann noch zum Großkampftag rund um das Fanprojekt. Laufend kamen neue Spenden rein und – der Spielabsage geschuldet – begannen Dutzende Eishockey- und Fußballfans damit, den Lkw zu beladen. Die Spendenabgaben rissen auch bis zum Sonntag nicht ab, so dass wir bei Abfahrt um 10:30 Uhr den Spender*innen melden mussten: „Wir sind komplett voll, es geht nichts mehr rein.“
Aber auch diese Spenden werden ihren Weg zu den ukrainischen Kriegsflüchtlingen finden.
Vor Abfahrt gab es dann eine weitere positive Überraschung: Warme Leberkässemmeln für die acht Reisenden, gesponsert vom Fanclub Bella Augusta.
Die Fahrt verlief wie erwartet unspektakulär, lediglich die ungarische Grenze machte uns im Vorfeld Sorgen. Mit einem auf ungarischer Sprache verfassten Schreiben des FCA ausgestattet, welches uns als offiziellen Hilfskonvoi des Vereins deklarierte, wurde diese Hürde aber im Eilverfahren genommen.
Nach 18 Stunden Fahrt kamen wir in Satu Mare an und konnten um 03:30 Uhr im Hotel einchecken. 3,5 Stunden später ging es los, die erste Abladestation anfahren.
Ausgewählt wurde ein rumänisch/ukrainischer Verein bei Micula, welcher Flüchtlinge, aber auch Menschen, die nicht fliehen können oder wollen und in der Ukraine verbleiben, unterstützt. Von Micula aus sind es noch ungefähr 15 Minuten Fahrzeit bis in die Ukraine.
Überrascht über die Unterstützung aus Augsburg gab es zum Abschied den ersten Palinka (Schnaps der Einheimischen) und von uns die Zusicherung, dass wir am nächsten Tag den herrschenden Bedarf mit einer Lieferung decken würden. Während wir uns verabschiedeten, fuhr ein Sprinter, den wir zum Teil direkt beladen hatten, schon los, um unsere Spenden zu den Menschen in die Ukraine zu bringen.
Weiter ging die Tour – parallel verlaufend zur ukrainischen Grenze – durch zahlreiche Ortschaften und Kleinstädte über zwei Bergpässe nach Sighetu Marmației. Die im Norden gelegene Stadt mit ihren knapp 38.000 Einwohnern hat einen direkten Grenzübergang zur Ukraine.
Die rumänische und die ukrainische Seite werden dabei durch den Grenzfluss Theiß getrennt. Ein Brückenübergang dient direkt als Grenzposten für beide Seiten.
Im südlichen Bereich haben rumänische Freiwillige, NGO´s und die Behörden der Stadt Sighetu Marmației einen Brückenkopf für die ankommenden Flüchtlinge errichtet. Hat uns in Micula und auf unserer Tour schon die Hilfsbereitschaft und Empathie der rumänischen Bevölkerung für ihre ukrainischen Brüder und Schwestern beeindruckt, so waren wir hier auch noch von der Organisation vor Ort schwer beeindruckt. Zwei Straßenzüge wurden mit Zelten zu einem gut durchorganisierten Willkommensort für die ukrainischen Flüchtlinge gemacht. Von mehreren Erste-Hilfe-Zelten für die medizinische Erstversorgung über geistliche Ansprechpartner verschiedener Konfessionen (Judentum, Orthodoxe, Christen, etc…), einem Kinderzelt zur Ablenkung für die Kleinen bis hin zu einem gut durchdachten Meldezelt mit Erfassung der Flüchtlingsdaten, Europakarten für die Hilfesuchenden, Busplänen (Busse werden in der Masse von zivilen Organisationen aus Europa gestellt) und vielem mehr, war alles vorhanden. Natürlich auch das obligatorische Verpflegungszelt, in dem mit unseren Spenden u.a. Lunchpakete abgepackt und verteilt wurden.
Ziel hier ist es, einen Flüchtlingsanstau zu vermeiden und den Ankommenden auf deren Wunsch zügig Busse zuzuweisen, um sie dann in Europa zu verteilen. Lediglich die Geflohenen, die auf ein rasches Ende des Krieges hoffen, werden in der Stadt selbst verteilt. Gemäß den Angaben der Organisatoren stellt dies bisher auch kein Problem dar, da die Einheimischen die Menschen aus der Ukraine mit offenen Armen empfangen.
Verbindung nahmen wir hier mit Vertretern der örtlichen Organisation an einem Sägewerk auf, welches Teile seiner Lagerhallen für die Organisation der Sachspenden zur Verfügung stellt.
Nachdem wir unsere Spenden aus Augsburg abgeladen hatten, fuhren die beiden Transporter direkt an die Grenzstation und die Lkw Besatzung ging die rund 1000 Meter mit einem der Hauptorganisatoren zu Fuß und konnte so erste Eindrücke im Gespräch gewinnen.
Die Transporter waren immer noch gestapelt voll mit Lebensmittelspenden, welche direkt abgeladen werden konnten. Vor Ort bekam unsere Delegation eine Führung und wir konnten auch hier Bedarf ermitteln. Zum einen für den sofortigen Einkauf, zum anderen für den Folgetag.
Alex, ein Freiwilliger Helfer aus Rumänien, brach dann mit uns in die Stadt auf, wo wir unsere Truppe aufteilten, um nicht einen Supermarkt leer zu kaufen, sondern in Maßen die benötigten Mittel (Babynahrung, Windeln, Einwegbesteck, Getränke, Lebensmittel) zu kaufen. Außerdem galt es, seriöse Wechselstuben ausfindig zu machen.
Nach dem ersten Einkauf ging es zurück zum Brückenkopf. Während wir einen unserer 8-Sitzer entluden, auf dem speziell für Babys Nahrung und Nahrungsergänzungsmittel gelagert waren, wurden wir von 2 Damen aus Augsburg angesprochen, welche mit einer Stuttgarter Firma vor Ort waren. Diese hatte zum zweiten Mal einen Bus gestellt und innerhalb der Mitarbeiterschaft eine Abfrage laufen lassen, wer sich bereit erklären würde, Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland zu begleiten. Respekt!
Unsere Lkw-Besatzung machte sich dann schon wieder auf den Weg nach Satu Mare, um dort für den nächsten Tag Verbindung mit einem Großhändler aufzunehmen und Absprachen zu treffen.
Zwischenzeitlich kamen immer neue Flüchtlinge an und deren Mimik und ihre Augen sprachen ebenso Bände, wie die stressbedingten körperlichen Erscheinungen (Erbrochenes in den Dixies, etc…), die Flucht mit sich bringen.
Beim nächsten Einkauf organisierten wir auch noch Diesel für die Hilfsorganisation, welche auch über die Grenze fährt, um den Menschen dort vor Ort einen Teil der Spenden zuzuführen.
Auch unsere osteuropäischen Partnerstaaten haben mit den aktuellen wirtschaftlichen Begleiterscheinungen des Krieges zu kämpfen, sind aber gemessen am monatlichen Durchschnittseinkommen bei fast gleichen Lebensmittel- und Energiekosten deutlich härter getroffen.
Da bei diesem Einkauf auch Isabella, eine weitere Freiwillige aus Rumänien mit vor Ort war, konnten wir mit ihr den Bedarf an Medizin für die „Hausapotheke“ des Brückenkopfes etwas decken.
Nach dieser Lieferung ging es im Eilmarsch zurück nach Satu Mare, wo mit zwei Einheimischen und Verwandten von einer Aktivistin unserer Hilfscrew den Abend bei Essen (wurde den kompletten Tag über außen vorgelassen), Gesprächen und dem obligatorischen Palinka ausklang.
Am Dienstag ging es dann nach dem Frühstück zum Großhändler, der uns top zuarbeitete. Gemeinsam ging ein Teil unserer Gruppe mit dem Großhändler die Bedarfslisten durch, während ein weiterer Trupp für Sighetu Marmației Babynahrung, Thermoflaschen und Wasser speziell für Kleinkinder einkaufte. Der Rest war wieder dabei, Geld zu wechseln, abzuheben und die in Deutschland ansässigen Bankmitarbeiter von der Dringlichkeit der Bearbeitung mancher Dinge zu überzeugen.
Nachdem die erste Ladung für unseren Lkw fertig war, ging es wieder nach Micula. Zeitgleich packte der Großhändler die Lieferung für Sighetu Marmației, so dass wir nach dem Abladen zügig weiter kommen würden. In Micula saß gerade eine ukrainische Familie, welche mit ihrem krebskranken Großvater eine dringende Weiterverbringung benötigte. Zuerst waren sie für unsere Abfahrt am nächsten Tag geplant, jedoch fand sich jemand, der sie schneller nach Deutschland verbringen konnte, wo es sicherlich ein Wiedersehen in Augsburg geben wird. Die Dankbarkeit, die wir in solchen Momenten erleben, ist natürlich schwer zu beschreiben. Ebenso schwer greifbar, die überraschten Reaktionen, wenn den Geflüchteten Empathie und Mitmenschlichkeit entgegenschlägt. Das sollte selbstverständlich sein, die Reaktionen zeigen aber wohl, was diese Menschen leider vor und während ihrer Flucht durchlebt haben.
Tagsüber haben wir schon festgestellt, dass sich unser Besuch in Satu Mare herumgesprochen hatte. Die Menschen vom ukrainisch/rumänischen Verein haben es sich auch nicht nehmen lassen, jedem von uns ein Geschenktütchen mit 2 Falschen Palinka mitzugeben. Hätte es nicht gebraucht, wird aber natürlich gerne angenommen. Vielen Dank für eure Arbeit und eure Gastfreundschaft!
Gegen frühen Nachmittag starteten wir dann vom Großhändler wieder Richtung Norden.
Den Lkw entluden wir nach kurzer Absprache erneut am Sägewerk und schickten dazu parallel unsere 8-Sitzer mit Kleinspenden an den Brückenkopf an der Grenze.
Nach knapp 2 Stunden Arbeit wurden wir dann noch von den Helfern vor Ort zu einem warmen Abendessen eingeladen und nach regem Austausch begannen wir mit dem Rückmarsch zu unserem Hotel, welches wir gegen 23:30 Uhr wieder erreichten.
Während sich tags drauf der vom FCA gemietete Lkw und einer der 8-Sitzer, der ebenfalls vom FCA gestellt wurde, Richtung Deutschland auf den Weg machten, verblieb der 11er-8-Sitzer einen weiteren Tag in Rumänien, wo sie u.a. ein Kinderheim aufsuchten. In diesem waren 40 ukrainische Waisenkinder und 20 Mütter mit Kindern untergebracht. Abgelegen in den Bergen waren auch sie sehr überrascht, dass Augsburger vorbeischauten, um Spenden abzugeben und ihre Solidarität zu zeigen.
Wir wünschen allen Kriegsflüchtlingen eine herzliche Aufnahme. Den Menschen in der Ukraine ein sofortiges Ende des russischen Angriffskrieges und ein menschenwürdiges Leben in Frieden und Freiheit!
Bedanken möchten wir uns bei allen Spendern! Die Sachspenden waren absolut zweckmäßig, gut vorbereitet und in genau passender Anzahl – herzlichsten Dank!
Die Geldspenden kamen stetig rein und gaben uns Sicherheit bei der Vorplanung für die Phase der Durchführung in Rumänien. Euer Geld wurde bedarfsgerecht eingesetzt und es kam dadurch genau das an, was uns vor Ort als Bedarf genannt wurde – vielen Dank!
Ebenso gilt unser Dank Irene und ihrem Team aus der Rosenaugaststätte!
Danke für die vielen warmen Worte und Wünsche für die Fahrer-Crew!
Und zuletzt einen Dank an unsere europäischen Schwestern und Brüder, die direkt an der ukrainischen Grenze gelegen die Hauptlast tragen und mit Herz und Verstand den Fluchtsuchenden die Aufnahme in der EU ermöglichen und erleichtern! Danke!
Für die organisierte AEV-Fanszene und den UBT e.V. hat sich mal wieder gezeigt, dass es Sinn macht, nach reiflicher Prüfung und Planung im Schwerpunkt zu arbeiten. So kommen die Spenden zügig und zweckmäßig an und Notwendigkeiten vor Ort können durch die Geldspenden direkt behoben werden. Es versickert nichts in der Verwaltung, nichts in Personalkosten und nichts in Werbeschreiben.
Danke für euer Vertrauen!
Wir machen weiter!
Schwabenhilfe Augsburg